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Schädlingsbekämpfung: Stärkung des Pflanzenschutzes in Europa

Die Europäische Union verfügt über ein System strenger Schutzmaßnahmen gegen die Einschleppung von Pflanzenschädlingen in die EU bzw. deren Ausbreitung innerhalb Europas. Die diesbezügliche Reglung wird derzeit aktualisiert, um risikoreiche Warenbewegungen aus Drittländern stärker in den Blickpunkt zu rücken und die Rückverfolgbarkeit Möglichkeit, den Weg eines Lebensmittels oder Inhaltsstoffs über alle Stufen der Produktion, der Verarbeitung und des Vertriebs zurückzuverfolgen. von Pflanzgut auf dem Binnenmarkt zu erhöhen. Professor Michael Jeger, Vorsitzender des EFSA-Gremiums für Pflanzengesundheit (PLH), erklärt, wie die EFSA dieses Modernisierungsprogramm unterstützt.

 

Michael Jeger

Michael Jeger
Vorsitzender des EFSA-Gremiums für Pflanzengesundheit (PLH)

Was ist unter der Pflanzenschutzregelung zu verstehen?

MJ: Sie wurde entwickelt, um Europa gegen bestimmte Organismen – sogenannte Pflanzenschädlinge – zu schützen, die sich schädlich auf Pflanzen, Pflanzenerzeugnisse oder die Artenvielfalt auswirken können. Die Regelung umfasst die phytosanitären Standards (Pflanzenschutznormen), die in die EU eingeführte oder darin verbrachte Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse erfüllen müssen, sowie die Schutzmaßnahmen, die zu deren Durchsetzung zu ergreifen sind. Die Richtlinie 2000/29/EG des Rates, so die offizielle Bezeichnung, enthält Listen – sogenannte „Anhänge“ –, worin die Organismen aufgeführt sind, die unter diese Quarantänemaßnahmen fallen.

Warum wird die Regelung überarbeitet?

MJ: Die Welt wird immer kleiner. Faktoren wie Klimawandel, Globalisierung des Handels und der stetig zunehmende Reiseverkehr haben das Risiko der Einschleppung neuer Schädlingsarten in zuvor nicht betroffene Gebiete erhöht. Das System von Anhängen muss daher aktualisiert werden, um dieser neuen Realität Rechnung zu tragen. Vor allem aber müssen wir sicherstellen, dass die EU bestens gerüstet ist, um der Bedrohung durch neu auftretende Schädlinge und Krankheiten in den kommenden Jahren zu begegnen.

Und was unternimmt die EFSA in diesem Zusammenhang?

MJ: Um zu entscheiden, ob die Listung eines Pflanzenschädlings in den Anhängen der EU-Pflanzenquarantäne-Richtlinie der Überarbeitung bedarf, benötigen die Risikomanager eine aktuelle Schädlingsrisikobewertung. In Fällen, in denen keine Risikobewertung Spezialgebiet der angewandten Wissenschaften, in dem wissenschaftliche Daten und Studien ausgewertet werden, um die mit bestimmten Gefahren einhergehenden Risiken zu beurteilen. Dies umfasst vier Schritte: Gefahrenidentifizierung, Gefahrencharakterisierung, Expositionsabschätzung und Risikocharakterisierung. jüngeren Datums vorliegt, ersucht die Kommission die EFSA um eine neue. In den vergangenen zwei Jahren wurden wir mit der Durchführung von mehr als 60 neuen Bewertungen beauftragt.

Welche Art von Organismen bewerten Sie?

MJ: Wenn wir über Pflanzenschädlinge sprechen, denken viele Leute gleich an Insekten. Aber der Begriff umfasst auch Milben, Nematoden, Pilze, Bakterien, Phytoplasmen, Viren, Viroide und Unkräuter. Die Auswirkungen von Pflanzenschädlingen reichen von Qualitätsverlust – beispielsweise Flecken oder Verfärbungen auf Früchten oder Blättern – über Ertragsverluste bis hin zum Absterben der Pflanzen. Schädlinge können Bäume, Obst- und Gemüsepflanzen, Kultur- und Zierpflanzen befallen. Um nur einige Beispiele zu nennen: Wir haben eine Reihe von Viren bewertet, die Erdbeeren, Himbeeren und Tomatenpflanzen infizieren; bakterielle Schädlinge, die als Schnittblumen kultivierte Pflanzen, wie Chrysanthemen und Nelken, befallen; sowie die Minierfliegen Liriomyza huidobrensis und Liriomyza trifolii, die sich von einer Vielzahl unterschiedlichster Pflanzen ernähren.

Und all diese Bewertungen werden von einer einzigen Sachverständigengruppe durchgeführt?

MJ: Nein, wir haben die Arbeit nach den verschiedenen Spezialisierungen und Fachkenntnissen aufgeteilt, die uns im PLH-Gremium und über die EFSA-Sachverständigendatenbank zur Verfügung stehen. Es gibt sieben Arbeitsgruppen – jeweils eine zu Bakterien, Pilzen, Insekten, Milben, Nematoden, Phytoplasmen und Viren –, in denen insgesamt mehr als 30 Wissenschaftler tätig sind.

Bei den jüngsten Gutachten handelt es sich um Schädlingskategorisierungen, während die zwischen 2012 und Frühjahr 2014 veröffentlichten Gutachten Schädlingsrisikobewertungen waren. Was hat sich geändert?

“Faktoren wie Klimawandel, Globalisierung des Handels und der stetig zunehmende Reiseverkehr haben das Risiko der Einschleppung neuer Schädlingsarten in zuvor nicht betroffene Gebiete erhöht.”

MJ: Wir haben im Verlauf des Programms einiges an Erfahrungen sammeln können. Nachdem wir die ersten beiden Reihen von Bewertungen abgeschlossen hatten, wurde entschieden, den Prozess durch die Unterteilung in zwei Stufen zu straffen. So haben wir für die letzte Reihe von fast 40 Bewertungen, statt vollständiger Schädlingsrisikobewertungen, beschleunigte Bewertungen durchgeführt, die zunächst auf die Kategorisierung der Schädlinge beschränkt sind.

Was ist der Unterschied?

MJ: Der Hauptzweck dieser Schädlingskategorisierungsphase besteht darin, die wichtigsten biologischen Merkmale des Schädlings zu bestimmen, die Einfluss auf dessen Potenzial zur Ansiedlung und folgenwirksamen Verbreitung in der EU haben, sowie die Gebiete zu ermitteln, in denen der Schädling vorkommt. Eine Schädlingsrisikobewertung geht darüber hinaus, da bei ihr auch die Wahrscheinlichkeit der Einschleppung über verschiedene Pfade sowie die Wahrscheinlichkeit der Ansiedlung, Verbreitung und ihrer Folgen bewertet sowie anschließend mögliche risikomindernde Maßnahmen aufgezeigt und evaluiert werden.

Es wurde deutlich, dass für einige der Schädlinge, die in der EU bereits vorkommen, die zweite Stufe nicht immer unbedingt erforderlich ist, so dass nun die Risikomanager bei der Europäischen Kommission und in den Mitgliedstaaten auf Grundlage der Kategorisierungen darüber entscheiden werden, ob ein Quarantäneschädling von der Liste genommen werden kann oder nur in Bezug auf Pflanzenvermehrungsmaterial der Regelung bedarf, oder aber ob eine vollständige Risikobewertung erforderlich ist, bevor eine entsprechende Entscheidung getroffen werden kann.

Hat dieser neue Ansatz Ihre Arbeit beschleunigt?

MJ: Nun, wir wurden Ende März 2014 um die Durchführung von 40 Bewertungen ersucht, und alle diesbezüglichen Schädlingskategorisierungen werden bis Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. Das ist eine ziemlich beeindruckende Leistung, und ich bin sehr stolz auf alle Wissenschaftler – Gremienmitglieder, externe Sachverständige und EFSA-Mitarbeiter – die dies ermöglicht haben.

Was geschieht als nächstes?

MJ: Das hängt zum Teil davon ab, wie viele Ersuchen für „Stufe 2“ wir im Anschluss an die Kategorisierungsphase erhalten; in jedem Fall aber werden etwaige Folgeaufgaben im Verlauf des Jahres 2015 durchgeführt. Dann wird die Kommission über eine solide wissenschaftliche Grundlage für die Überarbeitung der Richtlinie 2000/29/EG verfügen, und Europa über ein leistungsstarkes, modernes System zum Schutz der Pflanzengesundheit.

Schädlingsrisikobewertungen der EFSA

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