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Bienen und Pestizide: aktualisierte Leitlinien zur Risikobewertung

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat ihre Leitlinien zur Bewertung von Risiken für Honigbienen, Hummeln und Solitärbienen durch Pflanzenschutzmittel überarbeitet. Die überarbeiteten Leitlinien berücksichtigen die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und enthalten die aktuellsten Methoden für die Durchführung von Risikobewertungen in diesem Bereich.

Bumble bee foraging

Domenica Auteri ist die Vorsitzende der Arbeitsgruppe, unter deren Federführung die Überarbeitung der Leitlinien durchgeführt wurde.

Was sind die wichtigsten Eigenschaften der überarbeiteten Leitlinien?

In dem Dokument wird beschrieben, wie das Risiko für Honigbienen, die in landwirtschaftlichen Gebieten Pflanzenschutzmitteln ausgesetzt sind, bewertet werden kann. Dabei wird ein mehrstufiger Ansatz verfolgt, um sowohl die Exposition Konzentration oder Menge eines bestimmten Stoffs, die von einem Menschen, einer Population oder einem Ökosystem mit einer bestimmten Häufigkeit über einen bestimmten Zeitraum hinweg aufgenommen wird. der Bienen gegenüber Pestiziden (über Kontakt oder Nahrung) als auch die daraus resultierenden Auswirkungen zu bewerten. Die Leitlinien beschreiben auch die Studien, die von Antragstellern erstellt werden müssen, wenn ein hohes Risiko bei einer Erstbewertung nicht ausgeschlossen werden kann.

Das Dokument behandelt verschiedene Szenarien und Aspekte, die für die Risikobewertung relevant sind. Dazu gehören die unterschiedlichen Zeiträume der Wirkungen (akut und chronisch) und die verschiedenen Lebensstadien von Bienen (erwachsene Bienen und Larven). Bei Honigbienen werden mögliche langfristige Auswirkungen niedriger Dosen und potenzielle Bedenken aufgrund subletaler Wirkungen Biologische, physiologische, demografische oder verhaltensbezogene Auswirkung auf ein Einzelindividuum oder eine Population, die die Exposition gegenüber einer Substanz in einer letalen (d.h. tödlichen) oder subletalen Konzentration überlebt. Subletale Wirkungen können sich unter anderem auf die Lebensspanne, die Entwicklung, das Populationswachstum, die Fruchtbarkeit und das Verhalten, wie z.B. die Nahrungsaufnahme oder -beschaffung, auswirken. berücksichtigt. Das Dokument enthält auch Empfehlungen im Hinblick auf Risiken durch Metaboliten und Gemische von Pflanzenschutzmitteln.

Was ist ein mehrstufiger Ansatz?

Sowohl die Expositionsabschätzung Einer der Hauptschritte der Risikobewertung, bei dem es um eine eingehende Bewertung der Frage geht, wer oder was einer Gefahr ausgesetzt ist, und in welchen (zu quantifizierenden) Mengen. als auch die Effektbewertung können nach einem mehrstufigen Ansatz durchgeführt werden, wobei ein Übergang von konservativen zu realistischeren Bewertungen vollzogen wird. Bei einem mehrstufigen Ansatz wird mit einer einfachen Bewertung begonnen, z. B. mit einem Screening auf der Grundlage von Standarddaten, und dann bei Bedarf die Komplexität erhöht, um das Risiko genauer zu definieren. Dies ist der Fall, wenn ein hohes Risiko auf einer niedrigeren Stufe nicht ausgeschlossen werden kann; dabei können Daten aus Feld- oder Halbfeldstudien herangezogen werden.

Warum und wie wurde die Überprüfung durchgeführt?

Nach den EU-Rechtsvorschriften dürfen Pflanzenschutzmittel nur dann zugelassen werden, wenn eine Risikobewertung zeigt, dass sie keine inakzeptablen Auswirkungen auf die Umwelt, einschließlich Nichtzieltierarten wie Bienen, haben. Im Jahr 2013 veröffentlichte die EFSA ihre ersten Leitlinien zur Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln im Hinblick auf Bienen (Apis mellifera, Bombus spp. und Solitärbienen), um deren Überarbeitung uns die Europäische Kommission im Jahr 2019 ersucht hat.

Infolge dieses Ersuchens setzten wir eine Arbeitsgruppe aus EFSA-Mitarbeitern und externen Sachverständigen ein und führten im Einklang mit dem Auftrag eine evidenzbasierte Überprüfung durch, bei der die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse, die seit 2013 gewonnen wurden, Berücksichtigung fanden. Wir haben Daten zur Bienensterblichkeit erhoben, die Anforderungen an Feldstudien überarbeitet und die für die Risikobewertung angewendeten Methoden aktualisiert.

Um die wissenschaftliche Grundlage der Überarbeitung transparent zu dokumentieren, ist den Leitlinien und ihren Anlagen und Anhängen ein Begleitdokument beigefügt, das alle Hintergrundinformationen, Datensammlungen und Analysen enthält.

Wie wurden die Mitgliedstaaten und Interessenträger einbezogen?

Während des gesamten Überarbeitungsprozesses konsultierte die EFSA die Mitgliedstaaten über das Pestizid-Lenkungsnetzwerk (Pesticide Steering Network) sowie eine Reihe von Interessenträgern über eine speziell eingerichtete Stakeholder-Gruppe. Die EFSA nahm auch an mehreren von der Europäischen Kommission ausgerichteten Workshops und Informationsveranstaltungen für Vertreter der Mitgliedstaaten und Interessenträger teil.

Darüber hinaus arbeitete die EFSA eng mit der Europäischen Kommission zusammen und kooperierte mit der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), um die Ansätze zur Bewertung der Risiken für Bienen im Rahmen der Verordnungen über Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte zu harmonisieren.

Zwischen Juli und Oktober 2022 führte die EFSA eine öffentliche Konsultation zum Entwurf der Leitlinien durch, deren Ergebnisse in einem speziellen Workshop mit den Mitgliedstaaten und der Stakeholder-Gruppe erörtert wurden und in die endgültige Fassung einflossen.

Gab es besondere Herausforderungen?

Da in den einschlägigen EU-Rechtsvorschriften „inakzeptable Auswirkungen“ nicht quantitativ definiert sind, musste dieses allgemeine Schutzziel in spezifische Schutzziele (Specific Protection Goals, SPG) übersetzt werden, die dann auf transparente Weise mit den in den Leitlinien dargelegten Risikobewertungsschemata verknüpft werden konnten. Auch wenn die Definition der spezifischen Schutzziele nicht in den Zuständigkeitsbereich der EFSA als Risikobewerter fällt, haben wir die Risikomanager – die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten – bei dieser Aufgabe im Rahmen mehrerer Konsultationen unterstützt.

Im Anschluss an diesen Dialog und auf der Grundlage der von der EFSA bereitgestellten wissenschaftlichen Informationen einigten sich die Risikomanager auf ein SPG für Honigbienen von 10 %. Dies ist der maximal zulässige Wert für die Verringerung der Koloniegröße nach einer Pestizidexposition. Für Hummeln und Solitärbienen wurde aufgrund fehlender Daten kein quantitatives SPG definiert. Es herrschte jedoch ein allgemeiner Konsens darüber, dass öfter höherstufigere Studien zu verlangen sind, um für die Zukunft belastbarere Daten zu erhalten.

Die nächsten Schritte

Nach der Veröffentlichung der Leitlinien der EFSA wird die Europäische Kommission nun mit den Mitgliedstaaten an der Billigung des Dokuments im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel zusammenarbeiten.

Alle, die mehr über die EFSA-Leitlinien zur Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln im Hinblick auf Bienen erfahren möchten, können an unserer öffentlichen Informationsveranstaltung am 13. Juni 2023 teilnehmen.

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