EFSA sieht in Phytophthora ramorum eine Bedrohung für europäische Wälder, Parks und Gärten
Ein pilzähnlicher Krankheitserreger, der den „plötzlichen Eichentod“ in Kalifornien sowie Triebsterben und andere Schadbilder bei einer Reihe von verbreiteten Pflanzenarten verursacht, ist eine zunehmende Bedrohung für Wälder, Parks und Gärten in der Europäischen Union. Dies geht aus einem Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hervor[1].
Nach großflächigen Ausbrüchen von Phytophthora ramorum in Pflanzungen von Japanischer Lärche (Larix kaempferi) im Vereinigten Königreich und in Irland[2] ersuchte die Europäische Kommission die EFSA um ein wissenschaftliches Gutachten Zu Gutachten zählen Risikobewertungen im Hinblick auf allgemeine wissenschaftliche Fragen; Bewertungen von Anträgen auf Zulassung eines Produkts, Stoffs oder einer Angabe; sowie Bewertungen von Risikobeurteilungen zu einer Schadorganismus-Risikoanalyse der Krankheit, die 2009 von RAPRA („Risk Analysis of Phytophthora ramorum“), einem Forschungsprojekt des EU-finanzierten Sechsten Rahmenprogramms für Forschung und technologische Entwicklung, durchgeführt wurde[3].
In dem jetzt veröffentlichten Gutachten stimmt das EFSA-Gremium für Pflanzengesundheit der RAPRA-Schlussfolgerung zu, dass „ein Risiko der weiteren Einschleppung und Etablierung“ von P. ramorum in der EU besteht; das Gremium unterstützt auch die vorgeschlagenen Möglichkeiten der Risikoverringerung.
Nach Berücksichtigung der Stellungnahmen von Mitgliedstaaten und Informationen, die erst nach Veröffentlichung des RAPRA-Berichts vorlagen, geht das aus unabhängigen Wissenschaftlern bestehende Gremium der EFSA jedoch noch weiter. Es gelangt zu dem Schluss, dass die jüngsten Ausbrüche – bei denen allein in England und Wales schätzungsweise 1 900 Hektar Japanische Lärchen (500 000 Bäume) betroffen waren – einen „Entwicklungssprung“ in der Epidemiologie Die Epidemiologie untersucht, wie oft und weshalb Krankheiten und andere gesundheitliche Beeinträchtigungen in verschiedenen Gruppen von Menschen auftreten. Dies umfasst die Untersuchung von gesundheitsbezogenen Messgrößen (z.B. Exposition gegenüber Pestiziden oder Vitaminmangel) in einer Population und wie sich diese auf das Risiko einer Gesundheitsbeeinträchtigung auswirken können von P. ramorum darstellen, was entsprechende Konsequenzen für die damit im Zusammenhang stehenden Risikobewertungen und Fragen des Risikomanagements nach sich zieht. Das Gremium schlägt daher zusätzliche Möglichkeiten zur Verringerung der Wahrscheinlichkeit einer weiteren Ausbreitung vor.
Das EFSA-Gutachten weist darauf hin, dass es in ganz Europa große Gebiete gibt, die gute klimatische Bedingungen für die Ausbreitung von P. ramorum bieten und in denen anfällige Wirtspflanzen heimisch sind. Unter den potenziellen Wirtspflanzen befinden sich zahlreiche verbreitete Pflanzenarten, wie z. B. Rotbuche (Fagus sylvatica), Rhododendron, Kamelie (Camellia) und Schneeball (Viburnum).
Der Ausbruch von P. ramorum bei Japanischen Lärchen im Vereinigten Königreich und in Irland erhöht die Möglichkeit einer Bedrohung der Europäischen Lärche in der gesamten EU.
Außerdem mehren sich die Hinweise dafür, dass einige Formen von P. ramorum aggressiver sind als andere. Wenn keine Maßnahmen gegen die Einschleppung dieser neuen, potenziell virulenteren Stämme in die EU ergriffen werden, könnte dies dazu führen, dass sich P. ramorum noch weiter in der Region ausbreitet.
P. ramorum wird in der EU nicht als Schadorganismus geführt; im Jahr 2002 jedoch erließ die Kommission Sofortmaßnahmen zur Verhinderung seiner Einschleppung und Ausbreitung. Eine Entscheidung, ob unbefristete Maßnahmen erforderlich sind – und wenn ja, welche Art Untergliederung der Gattung, eine Gruppe eng verwandter und ähnlicher aussehender Organismen; z.B. steht im Falle des Homo sapiens (Mensch) der zweite Teil des Namens (sapiens) für die Art von Maßnahmen –, wird auf Grundlage des RAPRA-Forschungsprojekts und des Gutachtens der EFSA getroffen.
Die Sofortmaßnahmen, die besondere Einfuhrbestimmungen, das „Pflanzenpass“-Zertifizierungssystem sowie pflanzengesundheitliche Maßnahmen am Erzeugungsort umfassen, scheinen mit der Beseitigung von P. ramorum aus Baumschulen einen Teilerfolg verzeichnen zu können, wobei jedoch unklar ist, inwieweit die aufgeführten Maßnahmen für die Verringerung der Ausbrüche ursächlich ist. Pflanzenhändler in vielen Mitgliedstaaten melden nach wie vor das Vorhandensein des Krankheitserregers in Beständen.
Die Sachverständigen der EFSA äußern zudem Vorbehalte bezüglich der Wirksamkeit Besagt, wie gut etwas in Bezug auf vordefinierte Standards oder Erwartungen wirkt der dreimonatigen Quarantäne im Anschluss an die Ausrottungsmaßnahmen, da Ungewissheit darüber besteht, wie lange P. ramorum latent überleben kann.
Dem Gremium zufolge konnten die Maßnahmen das Auftreten der Krankheit außerhalb von Baumschulen nicht erfolgreich verringern. Neben den jüngsten größeren Ausbrüchen bei Japanischen Lärchen im Vereinigten Königreich und in Irland ist P. ramorum auf einer Vielzahl verschiedener Wirtspflanzenarten in Parks, Gärten, Wäldern und Forsten in den Niederlanden, im Vereinigten Königreich, in Belgien, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Irland, Luxemburg, Norwegen, Serbien, Slowenien, Spanien und der Schweiz nachgewiesen worden.
Die Eindämmung der Krankheit außerhalb von Baumschulen ist daher eine enorme Herausforderung für Risikomanager. In den betroffenen Pflanzungen von Japanischer Lärche im Vereinigten Königreich und in Irland wird ein großflächiger Einschlag durchgeführt. Die im Vereinigten Königreich am weitesten verbreitete Wirtspflanzenart, Rhododendron ponticum, wächst jedoch aus Wurzelstöcken nach und muss mit Stumpf und Stiel entfernt werden. Frühere Versuche, sie aus britischen Waldgebieten auszurotten, waren erfolglos.
Das EFSA-Gremium schlägt vor, dass sich die Eindämmungsmaßnahmen auf den Schutz von Bäumen konzentrieren könnten, die Experten für erhaltenswert halten, indem gesunde Wirtspflanzenarten in deren Umgebung beseitigt werden.
Die Sachverständigen betonen ferner, dass weiterhin Unsicherheiten im Zusammenhang mit P. ramorum bestehen, und zwar in Bezug auf: das Fehlen von Daten bezüglich der Herkunft des Krankheitserregers; die Wirksamkeit von Nachweismethoden; die Bandbreite potenzieller Wirtspflanzen; sowie die Virulenz Grad der Fähigkeit eines krankheitserregenden Organismus (z.B. eines Bakteriums, Virus oder Parasits), Krankheiten zu verursachen der Abkömmlinge des Erregers.
[1] In den Vereinigten Staaten hat P. ramorum ein beträchtliches Baumsterben bei mehreren Eichenarten verursacht; im europäischen Zusammenhang ist der Begriff „plötzlicher Eichentod“ jedoch ungenau, weil die Krankheit zwar Gehölze wie die Japanische Lärche und Gartenpflanzen, darunter Rhododendron, Viburnum und Camellia, befällt, bisher aber kaum Hinweise auf einen Befall von Arten der Europäischen Eiche vorliegen.
[2] Schätzungen zufolge zeigen in England und Wales Japanische Lärchen auf einer Pflanzungsfläche von 1 900 Hektar Symptome von P. ramorum (Brasier und Webber 2010). Die von Japanischen Lärchen bewaldete Gesamtfläche umfasst in beiden Gebieten zusammen etwa 60 000 Hektar.
[3] Frage Nr. EFSA-Q-2010-00841, angenommen am 18.5.2011.
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