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Bromierte Flammschutzmittel

Bromierte Flammschutzmittel (brominated flame retardants – BFR) sind Gemische aus künstlich hergestellten chemischen Stoffen, die einer Vielzahl unterschiedlichster Erzeugnisse (auch zur industriellen Verwendung) zugesetzt werden, um sie schwerer entflammbar zu machen. Sie werden häufig in Kunststoffen, Textilien und elektrischen/elektronischen Geräten verwendet.

Die fünf Hauptklassen von BFR und ihre häufigsten Verwendungen sind:

  • Hexabromcyclododecane (HBCDD) – Wärmedämmung im Bauwesen
  • Polybromierte Diphenylether (PBDE) – Kunststoffe, Textilien, Gussteile für elektronische Anwendungen, Schaltungen
  • Tetrabrombisphenol A (TBBPA) und andere Phenole – Leiterplatten, Thermoplaste (hauptsächlich in TV-Geräten)
  • Polybromierte Biphenyle (PBB) – Klein- und Haushaltsgeräte, Textilien, Schaumstoffe
  • Andere bromierte Flammschutzmittel.

Diese Klassen von BFR sind als technische Gemische unter verschiedenen Handelsmarken im Verkehr.

In der Europäischen Union (EU) ist die Verwendung bestimmter BFR verboten bzw. eingeschränkt. Aufgrund ihrer Persistenz in der Umwelt bestehen jedoch nach wie vor Bedenken hinsichtlich der von diesen chemischen Verbindungen ausgehenden Gesundheitsrisiken. Aus den mit BFR behandelten Erzeugnissen werden – während des Gebrauchs oder der Entsorgung – BFR in die Umwelt ausgelaugt; sie kontaminieren Wasser, Boden und Luft. Die Kontaminanten Alle in Lebensmitteln zu findenden Stoffe, die nicht absichtlich zugesetzt wurden. Kontaminanten können auf Verpackung, Lebensmittelverarbeitung und -transport, landwirtschaftliche Praktiken oder den Einsatz von Tierarzneimitteln zurückzuführen sein. Der Begriff deckt nicht die Kontamination durch Insekten oder Nagetiere ab. können so in die Nahrungskette gelangen, wo sie hauptsächlich in Lebensmitteln tierischen Ursprungs wie Fisch, Fleisch und Milch sowie daraus hergestellten Erzeugnissen nachzuweisen sind.

Aktuelles

Unter Einbeziehung neuer Daten zum Vorkommen und aller neu verfügbaren wissenschaftlichen Informationen arbeitet die EFSA derzeit an einer Aktualisierung der wissenschaftlichen Gutachten der EFSA zu BFR in Lebensmitteln. Die Arbeiten sollen bis 2025 abgeschlossen sein.

Die wissenschaftlichen Gutachten zu den Risiken für die menschliche Gesundheit im Zusammenhang mit dem Vorhandensein von Hexabromcyclododecanen (HBCDD) und polybromierten Diphenylethern (PBDE) in Lebensmitteln wurden 2021 bzw. 2024 aktualisiert (siehe Meilensteine).

Der folgende Entwurf eines wissenschaftlichen Gutachtens ist Gegenstand einer öffentlichen Konsultation.

Nach Abschluss der öffentlichen Konsultation werden die Sachverständigen ihre Bewertung der mit TBBPA und seinen Derivaten verbundenen Risiken für die menschliche Gesundheit unter Berücksichtigung der eingegangenen Anmerkungen fertigstellen. Anschließend werden sie eine Bewertung bromierter Phenole sowie einer Reihe neu auftretender und neuartiger BFR durchführen.

Dabei werden sie die Risiken im Zusammenhang mit jeder in Lebensmitteln vorkommenden BFR-Klasse einzeln bewerten und danach prüfen, ob die Anwendung eines Gemischansatze für alle bewerteten BFR-Klassen angemessen ist.

Die europäischen und nationalen Entscheidungsträger werden auf der Grundlage der wissenschaftlichen Beratung durch die EFSA und anderer Überlegungen über mögliche Maßnahmen zur Verringerung der Exposition Konzentration oder Menge eines bestimmten Stoffs, die von einem Menschen, einer Population oder einem Ökosystem mit einer bestimmten Häufigkeit über einen bestimmten Zeitraum hinweg aufgenommen wird. von Verbrauchern gegenüber BFR in Lebensmitteln entscheiden. Dazu kann beispielsweise die Festlegung von Höchstgehalten in Lebensmitteln gehören.

Derzeit gelten Beschränkungen für die Herstellung, den Verkauf und die Verwendung von Produkten, die PBDE enthalten. Im März 2023 veröffentlichte die ECHA ihre Regulierungsstrategie für Flammschutzmittel, in der sie die Notwendigkeit unterstreicht, die Exposition gegenüber aromatischen bromierten Flammschutzmitteln zu minimieren, und diese als Kandidaten für eine EU-weite Beschränkung identifiziert.

Meilensteine

  1. 2024

    Januar 

    Im Januar 2024 veröffentlicht die EFSA ihr aktualisiertes Gutachten zu polybromierten Diphenylethern (PBDE) in Lebensmitteln. Die Sachverständigen kommen zu dem Schluss, dass die derzeitige lebensmittelbedingte Exposition gegenüber PBDE in der europäischen Bevölkerung Kollektiv von Menschen, Tieren oder Pflanzen derselben Art. Bei Menschen spricht man auch von Bevölkerung. wahrscheinlich Anlass zu Gesundheitsbedenken gibt. Die bedeutendsten Auswirkungen betreffen das Fortpflanzungs- und das Nervensystem.

  2. 2021

    März

    Die EFSA veröffentlicht ein wissenschaftliches Gutachten über Hexabromcyclododecane (HBCDDs) in Lebensmitteln. Experten schließen daraus, dass die derzeitige ernährungsbedingte Exposition gegenüber HBCDDs in europäischen Ländern gesundheitlich unbedenklich ist. Die einzige Ausnahme sind gestillte Säuglinge, die große Mengen an Muttermilch mit hohen HBCDD-Gehalten zu sich nehmen. In diesem Fall kommt die EFSA zu dem Schluss, dass die Exposition gesundheitlich bedenklich sein könnte, und merkt an, dass mehr Daten über den HBCDD-Gehalt in der Muttermilch benötigt werden, um eine solidere Expositionsbewertung zu ermöglichen.

  3. 2012

    Oktober

    Das wissenschaftliche Gutachten zu neu auftretenden und neuartigen BFR beschäftigt sich mit weniger bekannten BFR, die in den fünf anderen wissenschaftlichen Gutachten nicht berücksichtigt sind. Während neu auftretende BFR in Materialien und/oder Waren sowie bei wild lebenden Tieren, in Lebensmitteln und bei Menschen identifiziert wurden, wurden neuartige BFR ausschließlich in Materialien und/oder Waren ermittelt, nicht aber bei wild lebenden Tieren, in Lebensmitteln oder bei Menschen. Es wurden begrenzte und stark variierende Daten zu 17 neu auftretenden und 10 neuartigen BFR zusammengetragen. Aufgrund fehlender Daten und unzureichender Informationen zu Vorkommen, Exposition und  Toxizität Potenzial eines Stoffs, einem lebenden Organismus zu schaden. all dieser BFR war jedoch keine Risikobeschreibung möglich. Experten identifizierten einige neu auftretende und neuartige BFR, die potenziell zu Gesundheitsbedenken führen könnten und bei zukünftigen Untersuchungen vorrangig berücksichtigt werden sollten.

  4. April

    Die EFSA veröffentlicht ein Gutachten zu bromierten Phenolen und deren Derivaten (außer TBBPA oder seinen Derivaten). Mangels Daten zum Vorkommen und Toxizitätsstudien konzentrierte sich die  Risikobewertung Spezialgebiet der angewandten Wissenschaften, in dem wissenschaftliche Daten und Studien ausgewertet werden, um die mit bestimmten Gefahren einhergehenden Risiken zu beurteilen. Dies umfasst vier Schritte: Gefahrenidentifizierung, Gefahrencharakterisierung, Expositionsabschätzung und Risikocharakterisierung. auf 2,4,6-Tribromphenol (2,4,6-TBP). Es ist unwahrscheinlich, dass die derzeitige lebensmittelbedingte Exposition gegenüber 2,4,6-TBP in der EU zu Gesundheitsbedenken führt. Ebenso unwahrscheinlich ist es, dass die Exposition von Säuglingen gegenüber 2,4,6-TBP über die Muttermilch Gesundheitsbedenken aufwirft. Aufgrund fehlender Daten war eine Risikobewertung der anderen bromierten Phenole und ihrer Derivate nicht möglich.

  5. 2011

    Dezember

    Die derzeitige lebensmittelbedingte Exposition gegenüber Tetrabrombisphenol A (TBBPA) in der EU gibt keinen Anlass zu Gesundheitsbedenken. Der EFSA wurden keine Daten zum Vorkommen von TBBPA-Derivaten vorgelegt, und es konnten keine Informationen zu deren Toxizität ermittelt werden.

  6. Juli

    Die EFSA gelangt zu dem Schluss, dass die derzeitige lebensmittelbedingte Exposition gegenüber Hexabromcyclododecanen (HBCDD) in der EU keinen Anlass zu Gesundheitsbedenken gibt. Auch eine zusätzliche Exposition, insbesondere von Kleinkindern, gegenüber HBCDD durch Hausstaub dürfte keine gesundheitlichen Bedenken aufwerfen.

  7. Mai

    Die EFSA erachtet acht polybromierte Diphenylether (PBDE) als von vorrangigem Interesse. Für vier von ihnen (BDE-47, -99, -153 und -209) liegen entsprechende Toxizitätsdaten vor. Die Risikobewertung beschränkte sich auf diese vier Verbindungen und erfolgte unter Anwendung des  MOE Der Margin of Exposure (MOE) ist ein bei der Risikobewertung verwendetes Instrument zur Abwägung möglicher Sicherheitsbedenken in Bezug auf in Lebens- oder Futtermitteln vorkommende, potenziell toxische Stoffe.-Ansatzes (Margin of Exposure). Für BDE-99 weisen die MOE-Werte auf mögliche Gesundheitsbedenken hinsichtlich der derzeitigen lebensmittelbedingten Exposition hin. Dies betrifft vor allem Kleinkinder (im Alter von 1-3 Jahren), wobei eine Lebensmittelprobe in der Kategorie „Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder“ mit einer hohen Konzentration von BDE-99 zur Überschätzung der Exposition dieser spezifischen Altersgruppe geführt haben könnte. Bei BDE-47, -153 und -209 dürfte die derzeitige lebensmittelbedingte Exposition keinen Anlass zu Gesundheitsbedenken geben.

  8. 2010

    Seit Oktober

    Zwischen Oktober 2010 und Oktober 2012 hat das Gremium für Kontaminanten in der Lebensmittelkette (CONTAM-Gremium) der EFSA eine Reihe von sechs wissenschaftlichen Gutachten erstellt, die sich mit den Hauptgruppen von BFR sowie den potenziellen Risiken, die von deren Vorkommen in Lebensmitteln für die öffentliche Gesundheit ausgehen, befassen.

    Die Experten der EFSA gelangen zu dem Schluss, dass das Risiko für die europäische Bevölkerung durch die lebensmittelbedingte Exposition gegenüber polybromierten Biphenylen (PBBs) nicht besorgniserregend ist.

  9. 2006

    Februar

    Auf Grundlage des Wissens hinsichtlich der Produktionsmengen, des Vorkommens der einzelnen chemischen Verbindungen in Lebens- und Futtermitteln, ihrer Persistenz in der Umwelt sowie ihrer Toxizität identifiziert die EFSA bestimmte Verbindungen, die in Lebens- und Futtermitteln überwacht werden sollten. Dies geschah auf Ersuchen der Europäischen Kommission zur Bestimmung derjenigen chemischen Verbindungen innerhalb der Gruppen von BFR, die bedenklich für die Gesundheit von Mensch und/oder Tier sein könnten, um ihr mögliches Vorkommen in Lebens- und Futtermitteln zu überwachen.

Rolle der EFSA

Die EFSA stellt wissenschaftliche Beratung und Risikobewertungen zu BFR bereit, um die EU-Risikomanager bei der Einschätzung der Notwendigkeit von Regulierungsmaßnahmen hinsichtlich der Sicherheit von BFR-kontaminierten Lebensmitteln zu unterstützen. Die EFSA muss insbesondere:

  • Die Toxizität von BFR für Menschen unter Berücksichtigung aller einschlägigen vorliegenden toxikologischen Daten bewerten;
  • Expositionsabschätzungen auf Grundlage von Daten zum Vorkommen von BFR durchführen, die im Rahmen der Lebensmittelüberwachung, insbesondere durch die EU-Mitgliedstaaten, gewonnen werden;
  • Die lebensmittelbedingte Exposition bestimmter Bevölkerungsgruppen (z. B. von Säuglingen und Kindern oder Menschen mit besonderen Ernährungsgewohnheiten) gegenüber BFR berücksichtigen sowie die relative Bedeutung anderer, nicht-ernährungsbedingter Expositionsquellen angeben;
  • Untersuchen, ob einzelne chemische Verbindungen als Marker für die lebensmittelbedingte BFR-Exposition verwendet werden können;
  • Mögliche Datenlücken hinsichtlich der fünf Gruppen von BFR ermitteln.

EU-Rechtsrahmen

Zum Schutz von Gesundheit und Umwelt hat die EU Rechtsvorschriften verabschiedet, um den Verkauf und die Verwendung bestimmter BFR einzuschränken oder zu stoppen.

Die Richtlinie 2003/11/EG zur Änderung der Richtlinie 76/769/EWG über das Inverkehrbringen und die Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen verbietet den Verkauf zweier Handelsgemische von PBDE, und zwar Penta-BDE und Octa-BDE, in Konzentrationen von mehr als 0,1 Gewichtsprozent.

Seit Juli 2006 dürfen gemäß Richtlinie 2002/95/EG neue Elektro- und Elektronikgeräte gar keine PBB und PBDE mehr enthalten, gleichgültig in welcher Konzentration. Im Juli 2008 wurde ein drittes PBDE-Gemisch (Deca-BDE), dessen Verwendung ursprünglich von den Beschränkungen ausgenommen war, vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) ebenfalls verboten.

Im Juni 2009 ersuchte die Kommission die EFSA um fünf wissenschaftliche Gutachten zu den von BFR-belasteten Lebensmitteln ausgehenden Risiken für die menschliche Gesundheit, um die Notwendigkeit von regulatorischen Maßnahmen hinsichtlich BFR in Lebensmitteln zu bestimmen.