EFSA bewertet Optionen zur Bekämpfung von Noroviren in Austern

Das EFSA-Gremium für biologische Gefahren (BIOHAZ) kommt in seiner Risikobewertung Spezialgebiet der angewandten Wissenschaften, in dem wissenschaftliche Daten und Studien ausgewertet werden, um die mit bestimmten Gefahren einhergehenden Risiken zu beurteilen. Dies umfasst vier Schritte: Gefahrenidentifizierung, Gefahrencharakterisierung, Expositionsabschätzung und Risikocharakterisierung zu dem Schluss, dass das Züchten von Austern in nicht kontaminierten Gebieten bzw. die Kontaminationsvermeidung in Gebieten, in denen Mollusken kultiviert werden, die wirkungsvollsten gesundheitspolitischen Maßnahmen sind, um Verbraucher vor einer Norovirus- Exposition Konzentration oder Menge eines bestimmten Stoffs, die von einem Menschen, einer Population oder einem Ökosystem mit einer bestimmten Häufigkeit über einen bestimmten Zeitraum hinweg aufgenommen wird durch Austern zu schützen. Die derzeit angewandten Verfahren zur Entfernung von Noroviren aus Schalentieren sind kein wirksames Mittel zur Verringerung des Kontaminationsrisikos[1]. Das Gremium empfiehlt die Festlegung akzeptabler Grenzwerte für Viren in Austern, die in der Europäischen Union geerntet und in Verkehr gebracht werden. Zusätzlich sollte eine EU-weite Grundlagenstudie zu Noroviren in Austern durchgeführt werden, um Informationen über die Gesamtexposition der Verbraucher sowie die Auswirkungen von Bekämpfungsmaßnahmen auf die öffentliche Gesundheit zu erhalten.

Das Norovirus – in den englischsprachigen Medien gelegentlich als „winter vomiting bug“ (d.h. hauptsächlich im Winter vorkommender Erbrechen auslösender Erreger) bezeichnet – ist eine der Hauptursachen für akute Gastroenteritis in Europa und ruft häufig Durchfall und Erbrechen hervor. Das Virus wird durch den Verzehr von mit Fäkalien kontaminierten Lebensmitteln oder Wasser, häufiger von Mensch zu Mensch bzw. durch den Kontakt mit infizierten Oberflächen übertragen. Zweischalige Weichtiere[2] wie Austern und Jakobsmuscheln sind eine gut dokumentierte Infektionsquelle, da sich in ihnen Viruspartikel ansammeln und konzentrieren können. Mit dem Norovirus kontaminierte Austern stellen für die menschliche Gesundheit ein besonderes Risiko dar, da sie häufig roh verzehrt werden.

Das BIOHAZ-Gremium der EFSA kommt zu dem Schluss, dass Noroviren hoch ansteckend sind und dass die im Zusammenhang mit Erkrankungsfällen bei Menschen in Austern nachgewiesene Virusmenge stark variieren kann. Die Wissenschaftler betonen, dass Noroviren in Europa häufig in Austern nachgewiesen werden, die die bestehenden EU-Kontrollstandards für zweischalige Weichtiere erfüllen.

Die EFSA bewertete Nachweisverfahren und Optionen zur Bekämpfung von Noroviren in Austern. Im Rahmen dieser Bewertung untersuchte sie den Nutzen einer Technik (der PCR-Methode[3]), die bereits bei anderen Schalentieren zum Einsatz kommt, für den Nachweis und die Quantifizierung von Noroviren in Austern; die mögliche Bestimmung eines Kontaminationsniveaus, bei dem ein von Viren in Austern ausgehendes Risiko für Verbraucher unwahrscheinlich ist; sowie Optionen zur Risikobeherrschung nach der Ernte. Das Gremium vertritt die Auffassung, dass die PCR-Methode ein geeignetes Nachweis- und Quantifizierungsverfahren für Noroviren in Austern ist, sofern angemessene Qualitätssicherungsmaßnahmen ergriffen werden.

Dem Gremium zufolge sollten die derzeit zur Entfernung von Noroviren aus Schalentieren angewandten Verfahren optimiert werden. Entsprechend seiner früheren allgemeinen Empfehlung zu Viren, die durch Lebensmittel übertragen werden, empfiehlt das Gremium, dass sich Maßnahmen zur Reduzierung von Noroviren in Austern eher auf die Vermeidung einer Erstkontamination der Zuchtgebiete konzentrieren sollten als auf Versuche, das Virus aus kontaminierten Lebensmitteln zu entfernen.

In dem Gutachten wird Risikomanagern empfohlen, die Festsetzung eines akzeptablen Grenzwerts für Noroviren in Austern, die in der EU geerntet und in Verkehr gebracht werden sollen, in Erwägung zu ziehen. Die Aufstellung mikrobiologischer Gesamtkriterien würde die Festsetzung solcher akzeptabler Grenzwerte unterstützen und hätte u.a. Auswirkungen auf die Festlegung der Analysemethoden, Probenahmestrategien und Maßnahmen, die bei Nichterfüllung der Kriterien ergriffen werden sollten. Solche Kriterien können auch nützlich sein, um zu überprüfen, ob die Grundsätze der Gefahrenanalyse und Festlegung kritischer Kontrollpunkte ( HACCP Kurz für Hazard Analysis and Critical Control Points (Gefahrenanalyse und kritische Kontrollpunkte), ein System, mit dessen Hilfe Gefahren für die Lebensmittelsicherheit ermittelt, bewertet und kontrolliert werden. Wird von Unternehmen im Lebensmittelbereich angewandt, um zu gewährleisten, dass Herstellung, Lagerung und Transport von Lebensmitteln sicher sind) eingehalten werden; und sie könnten zur zusätzlichen Kontrolle in den Zuchtgebieten sowie bei der Verarbeitung und im Einzelhandel eingesetzt werden.

Darüber hinaus empfehlen die Wissenschaftler die Durchführung einer EU-weiten Grundlagenstudie zur Norovirus-Belastung von Austern, um so die Gesamtexposition der Verbraucher abschätzen zu können. Eine solche Studie würde auch Informationen liefern, die zur Evaluierung der Auswirkung der ergriffenen Bekämpfungsmaßnahmen auf die öffentliche Gesundheit im Zeitverlauf herangezogen werden könnten.

Notes to editors

In der Europäischen Union besteht der Schutz von Schalentiergewässern gegenwärtig aus einer Kombination von Umwelterhebungen in den die Zuchtbänke umgebenden Gebieten sowie der Überwachung der Gewässerbelastung durch menschliche Fäkalien, im Rahmen derer zweischalige Weichtiere auf E.coli-Konzentrationen oberhalb eines bestimmten Grenzwerts untersucht werden. Noroviren werden jedoch häufig in Austern nachgewiesen, die ansonsten die Kontrollstandards für zweischalige Weichtiere erfüllen. Bisher ist es noch nicht gelungen, Kriterien zur Wiedereröffnung von Schalentier-Zuchtgebieten, die im Zusammenhang mit Norovirus-Ausbrüchen geschlossen wurden, festzulegen, sodass es für die nationalen Behörden schwierig ist, entsprechende Entscheidungen zu treffen.

Daher forderte die irische Lebensmittelsicherheitsbehörde die EFSA auf, diese Risikobewertung durchzuführen, um in der Frage beraten zu können, ob es möglich ist, einen akzeptablen Grenzwert für Noroviren in Austern festzulegen, der als wissenschaftliche Grundlage für die Wiedereröffnung von Zuchtgebieten herangezogen werden könnte.

[1] Die derzeit angewandten Bekämpfungs- und Reinigungsmaßnahmen umfassen Wärmebehandlung, Klärung (Eintauchen von Schalentieren in Tanks mit sauberem Meerwasser) und Umlagerung (Verlegen von Schalentieren aus kontaminierten in saubere Gebiete).
[2] Zweischalige Weichtiere sind Salz- oder Süßwassermuscheln, deren Schalen aus zwei scharnierartig miteinander verbundenen Hälften bestehen. Zu dieser Gruppe zählen u.a. Sandmuscheln, Austern, Jakobsmuscheln und Miesmuscheln.
[3] Die derzeitige Methode zum Nachweis von Noroviren in zweischaligen Schalentieren beruht auf der Echtzeit-Reverse-Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (rRT-PCR).

Kontakt

Pressezentrum der EFSA

Tel. +39 0521 036 149

E-mail: Press@efsa.europa.eu

(Nur wenn Sie ein Mitglied der Presse sind)

Ask a Question-Service

Sie haben eine Frage zur Arbeit der EFSA? Wenden Sie sich an unseren Ask a Question-Service!

Ask a Question-Service

Ähnliches Thema