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Kumulative Risikobewertung von Pestiziden: Häufig gestellte Fragen (FAQ)

  1. Weshalb arbeitet die EFSA an der kumulativen Risikobewertung Spezialgebiet der angewandten Wissenschaften, in dem wissenschaftliche Daten und Studien ausgewertet werden, um die mit bestimmten Gefahren einhergehenden Risiken zu beurteilen. Dies umfasst vier Schritte: Gefahrenidentifizierung, Gefahrencharakterisierung, Expositionsabschätzung und Risikocharakterisierung.?

Die Risiken, die sich für Verbraucher durch Pestizidrückstände in Lebensmitteln ergeben, werden derzeit für jede einzelne Substanz getrennt bewertet. Eine Reihe von Pestiziden hat allerdings eine ähnliche Wirkung, und die Auswirkungen dieser Pestizide auf die menschliche Gesundheit könnten in Kombination größer als einzeln sein.

Den EU-Verordnungen über Pestizide in Lebensmitteln und Futtermitteln zufolge sollten Kumulations- und Synergieeffekte von Pestiziden für eine Bewertung der ernährungsbedingten Risiken in Betracht gezogen werden, wenn es geeignete Methoden gibt. In diesen EU-Verordnungen wird zudem festgelegt, dass Pestizidrückstände unter Berücksichtigung der bekannten Kumulations- und Synergieeffekte keine schädlichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben sollten.

Die EFSA hat Methoden zur Durchführung kumulativer Risikobewertungen von Pestizidrückständen in Lebensmitteln entwickelt. Es wurde ein Verfahren für die Festlegung kumulativer Bewertungsgruppen (Cumulative Assessment Groups – CAGs) von Pestiziden auf der Grundlage ihrer gemeinsamen toxikologischen Wirkungen entwickelt.

Im Rahmen dieses Programms hat die EFSA zwei kumulative Pilotrisikobewertungen von Pestizidrückständen durchgeführt: bei der ersten Pilotbewertung wurden zwei chronische Auswirkungen auf das Schilddrüsensystem und bei der anderen zwei akute Auswirkungen auf das Nervensystem untersucht.

  1. Zu welchen Ergebnissen führten die beiden Bewertungen?

Das generelle Fazit beider Bewertungen – unter Berücksichtigung von Unsicherheiten (siehe Frage 8) – lautet, dass das Risiko einer kumulativen ernährungsbedingten Exposition Konzentration oder Menge eines bestimmten Stoffs, die von einem Menschen, einer Population oder einem Ökosystem mit einer bestimmten Häufigkeit über einen bestimmten Zeitraum hinweg aufgenommen wird. für Verbraucher mit unterschiedlichem Grad an Gewissheit unter dem Schwellenwert Dosis oder Exposition, unter der keine schädlichen Wirkungen nachgewiesen werden. liegt, ab dem die von Risikomanagern bei der Europäischen Kommission und in den EU-Mitgliedstaaten festgelegten Regulierungsmaßnahmen (siehe Frage 5) ausgelöst werden.

  1. Welche Daten wurden herangezogen?

Die EFSA hat die von den EU-Mitgliedstaaten im Rahmen der amtlichen Überwachung von Pestizidrückständen in Lebensmitteln in den Jahren 2014, 2015 und 2016 erhobenen Daten sowie Verzehrsdaten von zehn Verbrauchergruppen herangezogen. Diese Gruppen wurden so ausgewählt, dass ein möglichst breites Spektrum geografischer Gebiete und Altersgruppen abgebildet werden konnte. Dabei wurden folgende Gruppen ausgewählt:

  • Kleinkinder (Dänemark, Niederlande, Vereinigtes Königreich);
  • andere Kinder (Bulgarien, Frankreich, Niederlande);
  • Erwachsene (Belgien, Deutschland, Italien, Tschechische Republik).
  1. Und welche Methoden wurden angewandt?

Die Pilotbewertungen basierten auf den kumulativen Bewertungsgruppen (CAGs), die von der EFSA für jede der vier in den Pilotbewertungen berücksichtigten Wirkungen eingerichtet wurden. Die beiden CAGs, die für die Bewertung der Auswirkungen auf das Schilddrüsensystem verwendet wurden, umfassten 124 bzw. 18 Wirkstoffe; die beiden anderen CAGs für die Bewertung der Auswirkungen auf das Nervensystem umfassten 100 bzw. 47 Substanzen.

Für jede kumulative Bewertungsgruppe wurden zeitgleich zwei Expositionsbewertungen durchgeführt, eine von der EFSA und eine weitere vom niederländischen nationalen Institut für öffentliche Gesundheit und Umwelt (RIVM).

Die EFSA hat das Konzept der kombinierten (Gesamt-)Sicherheitsmarge für die Exposition (auch als „MOET-Wert“ oder „Expositionsspielraum“ bezeichnet) verwendet. Das Konzept findet gewöhnlich bei chemischen Risikobewertungen Anwendung. Ein MOET-Wert von über 100 gilt generell als für den Menschen ungefährlich. Im 99,9. Perzentil Methode zur bildlichen Darstellung von geringen, mittleren und hohen Werten einer Messung (z.B. Der Aufnahme von Vitamin C), wobei die gesamte Verteilung in einhundert gleiche Teile aufgeteilt wird. einer Exposition wurde ein MOET-Wert von 100 als Schwellenwert (bzw. Auslöser) für mögliche Regulierungsmaßnahmen festgelegt (siehe Frage 5).

  1. Wie hoch ist der Schwellenwert, der Regulierungsmaßnahmen auslöst?

Der Schwellenwert, der Überlegungen zur Durchführung möglicher Regulierungsmaßnahmen auslöst, ist ein von Risikomanagern – bei der Europäischen Kommission und in den Mitgliedstaaten – in Absprache mit der EFSA festgelegtes Schutzniveau. Dabei wird dem MOET-Wert und dem Anteil (Perzentil) der erfassten Bevölkerung Kollektiv von Menschen, Tieren oder Pflanzen derselben Art. Bei Menschen spricht man auch von Bevölkerung. Rechnung getragen. In diesem Fall beträgt der MOET-Wert 100, der erfasste Bevölkerungsanteil liegt bei 99,9 %. Wenn also der MOET-Wert für 999 von insgesamt 1 000 Personen über 100 liegt, dürften Risikomanager voraussichtlich davon überzeugt sein, dass Regulierungsmaßnahmen wie beispielsweise eine Überprüfung der zulässigen Gehalte an Pestizidrückständen in Lebensmitteln (Rückstandshöchstgehalte) nicht erforderlich sind.

  1. Bedeutet dies, dass die Sicherheitsmarge für die Exposition in allen Fällen mehr als 100 betrug?

Nein. Für die Bewertung der Exposition des Nervensystems lag der MOET-Wert im 99,9. Perzentil bei Kleinkindern und Kindern unter 100. Wichtig dabei ist allerdings, dass die EFSA bei beiden Bewertungen von konservativen Annahmen ausgegangen ist, um fehlende oder in beschränktem Ausmaß verfügbare Daten auszugleichen. Bei der Durchführung einer Unsicherheitsanalyse Methode zur Identifizierung von Quellen, Ausmaß und Richtung der Unsicherheit bei Berechnungen im Rahmen der Risikobewertung, sodass möglichen Fehlern Rechnung getragen werden kann. (siehe Frage 8) gilt es als wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich, dass der tatsächliche MOET-Wert für alle Gruppen höher als 100 ist. Dies erklärt die allgemeine Feststellung, dass eine kombinierte Exposition mit unterschiedlichem Grad an Gewissheit den Schwellenwert für Regulierungsmaßnahmen unterschreitet.

  1. Wie erklären Sie die Expositionsergebnisse im 99,9. Perzentil für das Nervensystem?
  • Die Berechnung der Exposition im 99,9. Perzentil – d. h. bei einem extrem hohen Belastungsgrad für Verbraucher – ist für Risikobewerter aus verschiedenen Gründen, die hauptsächlich mit der Qualität der vorhandenen Daten zusammenhängen, schwierig. Für die Bewertung der Auswirkungen auf das Nervensystem wurden die MOET-Schätzwerte im 99,9. Perzentil der Exposition anhand von Worst-Case-Annahmen berechnet, was dazu führt, dass die tatsächliche Exposition vermutlich überschätzt wird.
  • Die Expositionsschätzungen im 99,9. Perzentil wurden hauptsächlich durch das Vorkommen eines Pestizids in einem Nahrungsmittel und nicht durch die gleichzeitige Exposition gegenüber mehreren Substanzen beeinflusst.
  • Weitere Auslöser dafür waren auch Stichproben, die die gesetzlichen Vorgaben überschritten, und Pestizide, für die die Mitgliedstaaten bereits Abhilfemaßnahmen (z. B. eine Senkung der gesetzlichen Grenzwerte) ergriffen hatten.
  • Zu den Informationen, die Risikobewertern normalerweise dabei helfen, die Exposition gegenüber Pestizidrückständen noch genauer zu bewerten, gehören auch die Auswirkungen von Verarbeitungsschritten wie des Erhitzens oder Waschens von Lebensmitteln. In den meisten Fällen gaben die der EFSA vorliegenden Daten keinen Aufschluss über diese Informationen, was bedeutet, dass bei den Berechnungen auf der Grundlage von unverarbeiteten Stoffen die tatsächliche Exposition zu hoch bewertet wurde.
  1. Was ist eine Unsicherheitsanalyse?

Eine Unsicherheitsanalyse ist ein Verfahren, bei dem Einschränkungen wissenschaftlicher Erkenntnisse ermittelt und deren Auswirkungen auf wissenschaftliche Schlussfolgerungen bewertet werden. Wenn die Fachleute der EFSA eine Unsicherheitsanalyse durchführen, gehen sie nach den wissenschaftlichen Leitlinien vor, die 2017 vom Wissenschaftlichen Ausschuss der EFSA erstellt wurden.

  1. Weshalb hat die EFSA eine Unsicherheitsanalyse durchgeführt?

Wie bereits unter Frage 6 erläutert, ist die EFSA bei ihren Bewertungen von konservativen Annahmen ausgegangen, um fehlende oder nur in beschränktem Ausmaß verfügbare Daten auszugleichen. Dies hat zwangsläufig zu Unsicherheiten bei den Ergebnissen dieser Bewertungen geführt. Um Risikomanagern ein möglichst umfassendes Bild zu vermitteln, wurde eine Analyse durchgeführt, um alle Unsicherheiten zu quantifizieren und auf dieser Grundlage die MOET-Schätzwerte gegebenenfalls anzupassen.

Bei der Bewertung der Auswirkungen auf die Schilddrüse wurden beispielsweise 31 Unsicherheitsfaktoren ermittelt, die hauptsächlich mit der Qualität und Genauigkeit der Daten über den Verzehr und das Auftreten sowie mit der Vollständigkeit der kumulativen Bewertungsgruppen zusammenhingen.

  1. Welche Rolle spielte das RIVM?

Das nationale Institut für öffentliche Gesundheit und Umwelt (RIVM) der Niederlande hat bei diesem Projekt eine maßgebliche Rolle gespielt. Es hat im Rahmen einer Partnerschaftsvereinbarung mit der EFSA das Risikobewertungsinstrument „Monte Carlo“ (Monte Carlo Risk Assessment Tool, MRCA) entwickelt, das für die Durchführung von Bewertungen der Exposition des Nervensystems und der Schilddrüse eingesetzt wurde. Das RIVM wird das MRCA-Instrument zur Unterstützung der Arbeit der EFSA im Bereich kumulativer Risiken weiterentwickeln.

  1. Wer wurde sonst noch konsultiert?

Zu beiden Bewertungen wurde Ende 2019 eine zweimonatige öffentliche Konsultation durchgeführt. Rückmeldungen gingen von einem breiten Spektrum von Interessenträgern ein, einschließlich von Nichtregierungsorganisationen, nationalen Behörden, Wissenschaftskreisen und Wirtschaftsverbänden. Die Dokumente wurden außerdem im Oktober 2019 bei einer speziellen Veranstaltung für Interessenträger in Brüssel vorgestellt.

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